Liebe Jelena Sergejewna
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Ein Neubaublock wie viele andere. Junge Leute balancieren ausgelassen auf den Außentreppen. Die Sonne scheint, jeder will ihre Strahlen erhaschen, überall herrscht Fröhlichkeit. Die Wohnung Jelena Sergejewnas dagegen, direkt unterhalb des Hochhausdaches, wirkt ruhig, ja fast hermetisch abgeschlossen gegenüber so viel lärmenden Leben. Die schmächtige Frau, die jahrzehntelang als Pädagogin pflichtbewusst ihren Dienst tat, bewerkstelligt gerade die große Wäsche. Plötzlich klingelt es, vier Schüler einer zehnten Klasse stehen mit roten Rosen vor der Tür, drücken der Lehrerin den Strauß in die Arme. Jelena Sergejewna hatte fast ihren eigenen Geburtstag vergessen. Nach und nach nämlich stellt sich heraus, dass die Schüler gar nicht zum Gratulieren gekommen sind, sondern um ihre Lehrerin unter Druck zu setzen.